I. Klimaschutz heißt Dekarbonisierung bis 2035!
Der Klimawandel findet für alle sichtbar statt: Der Frühling beginnt schon im März, unerträglich heiße Sommer, vertrocknete Bäume, insgesamt wenig Regen, dafür heftiger Starkregen, sinkende Grundwasserspiegel und warme Winter. Klimaschutz heißt treibhausgasfreies Wirtschaften, also ohne Kohle, Öl oder Erdgas zu verbrennen (Dekarbonisierung). Die offiziellen Dresdner „Klimaschutzprogramme“ sind das Papier nicht wert auf dem sie stehen. Die Bilanz ist niederschmetternd: Seit 1998 verharren die Treibhausgasemissionen pro Kopf bei 10 t im Jahr – viel zu viel um das 1,5 Grad-Ziel zu erreichen! Wir brauchen eine weitgehende Dekarbonisierung bis 2035. Um auch nur annähernd die (unzureichenden) Ziele der Bundesregierung zu erreichen, müsste Dresden die Treibhaugasemissionen bis 2030 auf 5 t pro Kopf halbieren!
II. Was sagen die Kandidat:innen?
Unsere Wahlinitiative hat die demokratischen Kandidat:innen gebeten, Fragen zu beantworten. Die Antworten sind auf unserer Seite im Einzelnen nachzulesen. Da uns Dirk Hilbert keiner Antwort gewürdigt hat, entnehmen wir seine (knappen) Aussagen seinem Wahlprogramm.
1. Ziel Dresden klimaneutral 2035?
Nur der Pirat Dr. Martin Schulte-Wissermann bekennt sich klar zum „nicht verhandelbaren Ziel“ der Klimaneutralität Dresdens bis 2035. Die grüne Eva Jähnigen hält dieses Ziel für „wichtig“ aber „anspruchsvoll“. Sozialdemokrat Albrecht Pallas geht von „2035 spätestens bis 2045“ aus. Der Linke André Schollbach kritisiert, dass OB Hilbert den Beschluss des Stadtrats von 2020 nicht umgesetzt habe, nach dem Dresden „deutlich vor 2050“ Klimaneutralität erreichen solle. Diesem Ziel schließt sich auch Dirk Hilbert an. Der Kandidat der rechtsextremen AfD, Dr. Maximilian Krah, meint dagegen, Dresden könne die „Klimapolitik nicht ändern“.
2. Klimaschutzplanung
Eva Jähnigen versteht Klimaschutz als „die Summe aller notwendigen Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion in der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Stadtverwaltung“ und möchte sie „als Chefinnensache“ steuern. Dafür möchte sie den „wissenschaftlichen Beirat und den Runden Tisch in ein dauerhaftes Gremium zur Begleitung der Klimaschutzaktivitäten überleiten“. Auch Albrecht Pallas möchte die „Energiewende zur Chefsache“ machen. Dirk Hilbert verspricht „klimaneutrale Modellstadtteile“. Kein Kandidat unterstützt ausdrücklich den im Stadtrat vorliegenden Antrag zur Schaffung eines Klimabeirats und einer Stabsstelle „Zentrale Klimaschutzstrategien“.
3. Photovoltaik
In der Frage des Sonnenstroms besteht breiter Konsens. Alle Kandidaten sprechen sich für einen Ausbau der Photovoltaik aus. Albrecht Pallas möchte „maximal Solardächer auf öffentlichen Gebäuden“ ausbauen. Auch Schollbach möchte „eine Solaroffensive zur Installation für Solaranlagen für Dresden und Ostsachsen umsetzen.“
4. Windenergie in Dresden?
2013 beschloss der Stadtrat mit seiner damaligen schwarzgelben Mehrheit, keine Windenergienanlagen in Dresden zuzulassen. Martin Schulte-Wissermann spricht sich als einziger klar für eine Aufhebung des Windkraftverbots aus. Eva Jähnigen sieht die Möglichkeit „einige“ Anlagen zu bauen. Albrecht Pallas befürwortet ebenfalls vorsichtig Windanlagen. Schollbach verweist auf die Landesebene. Hilbert schweigt.
5. Dresden heizt mit Russischem Blutgas
Die Stadt Dresden ist Mehrheitseigentümerin der „Sachsenenergie“, des 2021 fusionierten Unternehmens aus DREWAG und ENSO. Die Sachsenenergie versorgt die Stadt Dresden aus dem kraft-wärme gekoppelten Gas- und Dampfturbinenkraftwerk Nossener Brücke mit Fernwärme und Strom. Das Kraftwerk verursacht einen erheblichen Anteil der Dresdner Treibhausgasemissionen und verfeuert etwa zur Hälfte Erdgas aus Russland. Das Unternehmen verweigert sich unter der Führung von OB Hilbert und dem Sprecher der Geschäftsführung Dr. Brinkmann dem Ziel der Dekarbonisierung bis 2035 und einer entsprechenden Investitionsplanung, obwohl die Gaspreise stark steigen. Die Sachsenenergie tut auch erkennbar nichts, das Erdgas aus Russland zu ersetzen.
6. Wie kommt die Sachsenenergie weg vom Erdgas?
Dr. Martin Schulte-Wissermann und Eva Jähnigen bekennen sich zum Ziel der vollständigen Dekarbonierung der Energieversorgung bis 2035. Die Grüne möchte „nach einer Zeit der Vorüberlegungen und Untersuchungen mit der SachsenEnergie AG konkret Schritte zu einer Wärmeplanung zur Dekarbonisierung und Einspeisung Erneuerbarer Wärme und Abwärme in das Wärmenetz vereinbaren.“ Ihr Papier zu „Sofortmaßnahmen im Klimaschutz“ bringt aber keine weiteren Erkenntnisse.
Albrecht Pallas möchte „in der aktuellen Situation kurzfristig andere Bezugsquellen erschließen“. Mit Großverbrauchern sollen kurzfristige Möglichkeiten zur Umstellung auf alternative Energien und zur Verbrauchsreduktion“ besprochen werden. „Mittel- und langfristig“ soll „erneuerbarer Wärme und Abwärme“ ins Wärmenetz eingespeist werden.
Dirk Hilbert Dresden möchte „von importierten Rohstoffen unabhängiger“ werden, und zwar durch „klimafreundliche Alternativen wie den Ausbau des Fernwärmenetzes“ oder „den Einsatz von Wärmepumpen und Photovoltaik“. Andre Schollbach möchte den „umwelt- und klimafreundlichen Fernwärmeausbau“ vorantreiben. Er schlägt vor, die „Revitalisierung des Pumpspeicherwerks Niederwartha zu prüfen“. Zudem will er „Power-to-Gas“ verstärkt in den Blick nehmen.“
Zur Frage der Anteile von grünem Wasserstoff, EE-Wärmepumpen und Power-to-Gas in einer treibhausgasfreien Wärmeversorgung verweisen die Kandidaten auf die übergeordneten Rahmenbedingungen des Bundes.
III. Bewertung
Schon das Ziel der Klimaneutralität 2035 wird keineswegs von allen geteilt. Nur Martin Schulte-Wissermann bekennt sich dazu, während Eva Jähnigen Zweifel an der Machbarkeit erkennen lässt. Die anderen Kandidaten beziehen sich auf den unzureichenden Beschluss des Stadtrats vom Januar 2020 („deutlich vor 2050“), der mittlerweile durch Beschlüsse der Bundesregierung und der EU überholt ist. Dagegen scheint der Ausbau der Photovoltaik in Dresden mittlerweile Konsens zu sein. Aber schon bei Windenergieanlagen sieht es anders aus, dafür setzen sich nur Schulte-Wissermann und Jähnigen ein. Was Dirk Hilbert unter „klimaneutralen Modellstadtteilen“ versteht und wie er sie erreichen will, ist nicht zu erfahren.
Die Vorstellungen für eine Wärmewende, also vor allem einer Dekarbonisierung des Gaskraftwerks Nossener Brücke, bleiben ohne jede Konkretisierung. Lieber versteckt man sich hinter Rahmenbedingungen, die der Bund schaffen müsse. Wenn der Kandidat Schollbach von einem Ausbau der „klimafreundlichen Fernwärme“ spricht, verkennt er, dass auch kraft-wärme-gekoppelte Erdgas-Kraftwerke nicht klimaneutral sind. Ebenso untauglich ist die Uralt-Idee einer (teuren) Instandsetzung des Pumpspeicherkraftwerks Niederwartha, das nicht wirtschaftlich zu betreiben ist. Immerhin nennen Kandidat:innen die alternativen Einspeisung von EE-Wärme, (EE-strombetriebene) Wärmepumpen, grünen Wasserstoff oder Power-to-Gas („Windgas“).
Allen Kandidat:innen fehlt ein konkretes Konzept für die Dekarbonisierung und Klimaneutralität 2035.
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