Der neue und alte Oberbürgermeister Dirk Hilbert ist gewählt. Mit einem deutlichen Vorsprung an Stimmen vor der Herausforderin Eva Jähnigen ist Hilbert für weitere sieben Jahre das Verwaltungsoberhaupt der Landeshauptstadt. Die anderen Kandidierenden – Krah, Pöhnisch, Fuchs – waren erwartungsgemäß weit abgeschlagen, wobei AfD-Kandidat Krah sein Ergebnis noch einmal solide verschlechtern konnte.
Nun also wieder Hilbert. Wie für einen Kandidaten üblich, der sein Amt verteidigt, gab es nicht nur Wahlversprechen für nach der (Wieder-)Wahl, auch musste Hilbert sich für sein bisheriges Tun und Lassen auf dem Chefsessel rechtfertigen. Er inszenierte sich als „Macher“ und „Manager“ der Stadtgeschäfte, mit Schwerpunkt auf Wirtschaftsfreundlichkeit (tatsächlich sind die Gewerbesteuereinnahmen in den letzten Jahren deutlich gestiegen) und Hochtechnologie. Dresden, mit seiner langen naturwissenschaftlichen Tradition, die sich auch in der eher natur- als geisteswisschenschaftlichen Prägung des Bürgertums in Dresden niedergeschlagen hat, hat dies mehrheitlich als am vielversprechendsten empfunden für eine rosige Zukunft der Stadt.
Bei der Mehrheit der eher linken, progressiven Bevölkerung konnte Hilbert mit diesem Kurs nicht verfangen. Die Wahlergebnisse lassen einen Blick auf die Verteilung der gewonnenen Wahlkreise zu. Die nach Prozenten stärksten Wahlkreise von Hilbert: Gompitz, Weixdorf, Schullwitz. Allesamt in der Peripherie. Im direkten Vergleich dazu Jähnigen: Äußere Neustadt, Leipziger Vorstadt, Pieschen-Süd. Stark urbane Gegenden, in denen eine junge und alternative Wählerschaft wohnt. Dort konnte Hilbert selten reüssieren. Besonders zugespitzt sieht man dies in der Äußeren Neustadt. Hier bekam er lediglich 14,7 Prozent, damit sein schwächster Wahlkreis, während Jähnigen mit 79,7 % ihr stärkstes Ergebnis einfahren konnte.
Wird nun alles besser unter Hilbert?
Die zweite Amtszeit beginnt am 3. September. Hilbert hatte in einem SZ-Interview angekündigt, dass seine Antrittsrede ein „Meilenstein“, ein großer Erfolg werden wird. Auch war da die Rede von „24 Wahlschwerpunkten“, die er gedenkt in den kommenden Jahren „anzugehen“. Diese Schwerpunkte unterteilt Hilbert grob in die fünf Themengebiete:
– Führungsstil (er möchte der „große Verbinder“ sein)
– Wohnen (er will Wohnungen bauen und Grünflächen erhalten)
– Wirtschaft (worin die Hauptsache in der Verwertung von Wissenschaft zu liegen scheint)
– Klima (mit der überholten Zielmarke bis 2050 Klimaneutralität herzustellen)
– Kultur (womit klassische Hochkultur gemeint ist, anderes fällt unter „Kreativwirtschaft“)
Was Wahlkampfgetöse, und was davon wirklich umgesetzt wird lässt zu dieser Zeit nicht mit Bestimmtheit sagen. Es bleibt zu hoffen, dass Hilbert wenigstens die 24 mehr oder weniger konkreten Versprechungen einhält, die er den Wählerinnen und Wählern gegeben hat. Zudem hatte er noch ein 10-Punkte-Sofortprogramm für Klimaschutz vorgelegt. Wir von der Wahlinitiative werden uns die Rede im September jedenfalls ganz genau anhören und prüfen, wie Hilbert mit welchen konkreten Plänen gedenkt seine Vorhaben in die Tat umzusetzen. Und was nur Dampfplauderei bleibt.
Scherbenhaufen und ein angerissenes Tischtuch
Ob der OB auch wirklich dazu kommt alle seine Pläne in die Tat umzusetzen, kann niemand mit Gewissheit sagen. Denn immernoch sind Klagen anhängig, die die Rechtmäßigkeit der Wahl in Zweifel ziehen. Hilbert hatte, wir erinnern uns, seine eigene Aufstellung vermasselt. In der Sitzung seines Wahlvereins „Unabhängige Bürger für Dresden“ hatten auch Personen mitgestimmt, die gar nicht stimmberechtigt waren. Das war dem Grünen Valentin Lippmann aufgefallen und hatte zu einer mehrtägigen Unklarheit geführt, ob Hilbert überhaupt antreten darf. Das Wahlgesetz sagt zwar, dass bei „jeglichem Verstoß“ gegen das Wahlgesetz zum Ausschluss von der Wahl führt, doch die Landesdirektion hatte Hilbert dennoch zugelassen. Derzeit laufen Klagen von verschiedenen Mitbewerbern, um die Richtigkeit der Entscheidung gerichtlich feststellen zu lassen. Zwar ist es äußerst unwahrscheinlich, dass es zur Wahlwiederholung kommt. Doch Hilberts Aufstellungschaos könnte ihn in einigen Monaten wieder einholen.
Doch auch ein anderer Konfliktherd könnte in nicht allzu ferner Zukunft für Hilbert zum Problem werden. Spätestens nach dem ersten Wahlgang war klar geworden, dass die Hauptkonkurrentin um den OB-Posten die Grüne Eva Jähnigen sein wird. Und Hilbert musste zittern. Die Wahlergebnisse versprachen eine gute Möglichkeit für ihren Wahlerfolg. Der allgemein träge Wahlkampf wurde zu einem allgemein trägen, aber schmutzigen Wahlkampf. Die amtierende Umweltbürgermeisterin Jähnigen warf Hilbert vor, ihre Klimapolitik zu blockieren. Hilbert konterte im Unterton der beleidigten Leberwurst, es begann ein Überbietungswettbewerb darum wer die imkompetentere Figur im Stadtgeschäft sei. Auch diese Gemengelage wird spätestens im August wieder hochkochen. Dann werden in einer Sondersitzung des Stadtrates die Beigeordnetenposten neu vergeben. Jähnigen hat verlautbaren lassen, dass sie weiter Umweltbürgermeisterin bleiben will. Wer das Tischtuch wieder flickt, und ob es überhaupt zu reparieren ist, wird sich noch zeigen müssen. Wir bleiben dran. Denn ja – Dresden, das geht besser.
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